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Sep 26, 2023

Beton und Nachhaltigkeit

Beton hat nicht den besten Ruf, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Aber das muss nicht so sein. Bei Betonfertigteilen ergibt sich in puncto Nachhaltigkeit ein ganz anderes Bild

Beton hat nicht den besten Ruf, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Aber das muss nicht so sein. Betonfertigteile zeichnen ein ganz anderes Bild, wenn es um nachhaltige Produktion, thermische Vorteile und Wiederverwendbarkeit geht.

Autor

Anton Glasmaier

Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke (VÖB)

Dieser Artikel gehört zur Sammlung Nachhaltigkeit

Darüber hinaus sind die sozialen Aspekte nicht zu unterschätzen; Vorfertigung wirkt sich sehr positiv auf die Arbeitssicherheit aus. Leider liegt die Baubranche derzeit noch an der Spitze der Negativstatistik; In keiner anderen Branche gibt es mehr Unfälle als in der Baubranche. Strengere Schutzmaßnahmen wirken diesem Trend entgegen, doch die Arbeit auf der Baustelle birgt weiterhin zahlreiche Risiken. Bei der Produktion in einer Fabrik hingegen übernehmen Maschinen gefährliche, körperlich anstrengende oder sogar gesundheitsschädliche Arbeitsschritte. So profitiert nicht nur die Natur von der Effizienz und Präzision der Vorfertigung, sondern vor allem auch die Menschen, die am Bauwerk arbeiten oder in der näheren Umgebung wohnen. Welche konkreten Vorteile bieten Betonfertigteile im Bereich Klimaschutz – insbesondere entlang des gesamten Gebäudelebenszyklus?

Mit Hilfe spezialisierter Fertigteilplanungstools – zum Beispiel von ALLPLAN – erfolgt zunächst die sehr detaillierte und dank Automatisierung zugleich effiziente Planung der Fertigteile. Vom ersten Moment an wird darüber nachgedacht, ob die Designidee umsetzbar ist. OPEN BIM und offene Schnittstellen reduzieren zudem Datenverluste und Reibungen zwischen den einzelnen Projektphasen und bieten so Potenziale zur Fehlerminimierung und Effizienzsteigerung – was sich positiv auf den Materialverbrauch auswirkt.

Darüber hinaus ermöglicht Beton durch seine besonderen Eigenschaften eine bessere Raumausnutzung: Mit ihm lässt sich sowohl in der Tiefe als auch in der Höhe planen und bauen, wodurch die Grundabdichtung reduziert wird.

Daran schließt sich die Produktion an, die im Werk deutlich ressourcenschonender erfolgen kann als mit Beton auf herkömmlichen Baustellen. Erstens, weil es kaum Abfall gibt, da etwaige Betonüberschüsse sofort wiederverwendet werden können. Zweitens, weil Wasser wiederverwendet oder gereinigt und wiederverwendet werden kann. Darüber hinaus ist die computer- und robotergesteuerte Dosierung von Beton und Bewehrung wesentlich präziser als die manuelle Dosierung, was zu Materialeinsparungen im zweistelligen Prozentbereich führt.

Weitere Materialeinsparungen sind durch die Hohlkernkonstruktion möglich. Bei Hohlkammerdecken und -wänden werden rund 45 % Beton und 30 % Stahl eingespart. Ganz ähnliche Werte sind für Fertigteile mit Verdrängungskörpern und Aussparungskörpern möglich – alles an Beton und Stahl, was für die Tragwerkskonstruktion nicht notwendig ist, kann so eingespart werden und bringt enorme ökologische Vorteile sowohl bei der Produktion als auch beim Transport.

Nach der Qualitätsprüfung und Trocknung der Fertigteile erfolgt der Transport zur Baustelle. Statt Hunderter Fahrten mit Betonmischern über Monate hinweg – wie es bei herkömmlichen Baustellen der Fall ist – können die Fertigteile innerhalb weniger Tage einsatzbereit auf die Baustelle transportiert, per Kran an die richtige Position gebracht und bearbeitet werden sofort installiert. Die Lärm- und Staubbelastung für die Nachbarschaft und die Arbeiter wird auf ein Minimum reduziert. Mit Hilfe intelligenter Softwarelösungen werden die vorgefertigten Teile bereits in der richtigen Reihenfolge für den Einbau produziert, verladen und transportiert – was wiederum Wege und CO2-Emissionen auf ein Minimum reduziert und Prozesse beschleunigt.

Gerade dieser Schritt bietet Raum für weitere Innovationen: Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen könnte beispielsweise ein intelligenter Kran mithilfe eines eingebauten Chips die vorgefertigten Teile erkennen und sie selbstständig an die richtige Position bewegen. Die Vorteile: weiter beschleunigte Prozesse und reduzierte Emissionen.

Ein weiteres Plus: Im Fertigteilwerk fällt weniger Abfall an. Eine kleine Menge unvermeidbarer Abfälle, wie z. B. Kunststoffverpackungen für Schläuche oder ähnliches, können ordnungsgemäß und sauber für die Wiederverwertung oder Entsorgung getrennt werden.

Beton bietet enorme thermische Vorteile und ermöglicht die Reduzierung von Heiz- und Kühlkosten – eine der größten Stärken von Beton im Hinblick auf den Klimaschutz. „Bauteilaktivierung“ ist hier das Stichwort. Ein Beispiel ist der Bildungscampus Liselotte-Hansen-Schmidt in der Seestadt Aspern, eine Schule in Wien für 1.400 Schüler und Lehrer. Hier sorgen mehr als 50 Erdwärmesonden für ein angenehmes Raumklima. Die in der Tiefe entzogene Wärme bzw. Kälte wird über in die Betonfertigteile integrierte Schläuche geleitet. Die Fertigteile speichern somit die Energie und geben sie langsam an die Räume ab. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass mehrere Gebäude kombiniert werden können – und die Energie dorthin geleitet wird, wo sie benötigt wird. Ein Beispiel: Die Abwärme der Gewerbegebäude kann dann zur Warmwasserbereitung der Nachbarwohnungen genutzt werden. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Auch hinsichtlich der Wiederverwendung bietet die Vorfertigung enorme Vorteile: Wollte man ein Gebäude nach 50 Jahren rückbauen, wäre es technisch möglich, Massivwände, Hohlbohlen, Treppen etc. ohne weiteres wiederzuverwenden. Mithilfe eines digitalen Zwillings gäbe es Transparenz hinsichtlich konkreter Qualität, Alter und Zustand. Einbauchips, wie sie heute bereits in Tunneln zum Einsatz kommen, können bei Erreichen einer bestimmten Belastung Alarm schlagen. Zukünftig könnten Tausch- oder Second-Hand-Märkte für Materialien und Komponenten entstehen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind noch nicht vollständig geklärt – dies könnte jedoch ein wichtiger Schritt zur Etablierung einer Kreislaufwirtschaft in der Baubranche sein.

Insgesamt bietet Beton, insbesondere im Fertigteilbau, zahlreiche ökologische Vorteile. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass der für die Betonherstellung benötigte Zement eine ungünstige CO2-Bilanz aufweist. Hier besteht noch Forschungsbedarf, um den Bedarf an Zement zu reduzieren und umweltfreundlichere Ersatzstoffe oder Zusatzstoffe zu finden.

Wird Fertigbeton die ultimative Lösung für unsere Klimaprobleme sein? Beton allein wird keine Lösung sein, ebenso wenig wie jedes andere Material allein. Klimaschutz kann nur gemeinsam funktionieren. Die Zukunft wird hybrid sein. Jeder Baustoff, ob Holz, Beton, Ziegel oder Glas, hat besondere Stärken und sollte so eingesetzt werden, dass die jeweiligen Vorteile optimal zur Geltung kommen. Verbunddecken sind ein gutes Beispiel für die sinnvolle Verzahnung der Vorteile von Beton und Holz – hier und in vielen anderen Bereichen erwarten Experten in den kommenden Jahren Produktinnovationen und einen zunehmenden Einsatz. Innovationen werden die Klimabilanz und den Einsatz aller Baustoffe weiter verbessern – und Beton wird künftig auch dazu beitragen, Gebäude nachhaltig und ressourcenschonend zu planen, zu bauen und zu betreiben.

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